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Was Tun

Man wird sehen

Nach der 2019 erschienenen Untersuchung zu postmodernen Regiebemerkungen («Lenkung und Ablenkung», Schwabe-Verlag Basel/Berlin) werden in der Studie «Was tun?» eine Reihe von Tanz- und Performance-Partituren untersucht, die schriftlich, tanznotational oder zeichnerisch das Geschehen auf der Bühne vorstrukturieren.

Auf welche Weise wird das Tun des Bühnenpersonals angeleitet? Wie viel Spielraum gewähren die Autorinnen und Autoren den Interpretierenden? Und wie spiegelt sich der historische Kontext der Live-Formate Theater und Performance in den entsprechenden Werken? Diesen Themen geht die Studie unter dem Titel «Was tun?» anhand von Performance-Partituren nach, die ab dem 18. Jahrhundert entstanden sind.

Was man tun soll, bringt als Frage zum einen die Schwierigkeit der Entscheidungsfindung zum Ausdruck. Zum anderen spiegeln sich in ihr die  zahlreichen Handlungsoptionen, die in einer freiheitlich organisierten Gesellschaft gegeben sind. Die so genannte «Multioptionsgesellschaft» zeichnet sich dadurch aus, dass unterschiedliche Wege eingeschlagen werden können. In künstlerischen Kontexten erfährt dieses Potenzial seine sprachliche, visuelle, akustische oder performative Gestaltung. Hier geht nicht um die Reduktion, sondern um Steigerung von Komplexität. Deshalb erinnert beispielsweise der Vermittlungsmodus postmoderner Literatur manchmal an ein Wortorakel. Nicht nur das vom Text dargestellte Geschehen selbst, sondern auch die Erzählstruktur gleicht einem zur Lösung herausfordernden Rätsel.

Performance-Partituren, literarische Textcollagen oder sonstige künstlerische Handlungsanweisungen spielen parallel zur Ausdifferenzierung des Kunstsystems ab dem 18. Jahrhundert und verstärkt ab Ende des 19. Jahrhunderts mit den Effekten des Vielsagenden. Damit versetzen sie die Rezipienten in Aktivität und fordern zur Mitwirkung auf.