In der Publikation «Lenkung und Ablenkung» (Schwabe-Verlag Basel, 2019), mit der ich meine Promotion an der Universität St.Gallen abschloss, beschäftige ich mich mit der Steuerung von Handlungen durch Sprache und Schrift. Berücksichtigt werden die Bereiche Organisations- und Managementlehre, Schauspiel, Musik- und Tanztheater. Zum einen diskutiere ich die kommunikativen Wirkungen sprachlicher Signale und zum anderen den Vorgang der Transformation des literarischen Textes ins Aufführungsmedium. Mich fasziniert der Status des Schriftlichen im digitalen Zeitalter, aus dessen Warte die materielle und körperliche Welt in neuem Licht erscheint. Bestellt werden kann die Publikation beim Schwabe Verlag Basel/Berlin.

Die Arbeit verfolgt das Ziel, mittels einer interdisziplinären Perspektive einerseits auf die fundamentale Sprachabhängigkeit von Praktiken der Führung und andererseits auf die Ambivalenzen jeglicher Steuerungsvorgänge aufmerksam zu machen. Materialisiert sich das lenkende Handeln in Texten, akzentuieren sich die Schwierigkeiten der Verständigung aufgrund des schriftlichen Kommunikationskanals. Sowohl die Stärke als auch die Schwäche des Steuerungsmittels Text beruht darauf, dass mit Gegenlektüren, Umdeutungen und unvorhersehbaren Schlussfolgerungen gerechnet werden muss. Solche Wirkkräfte bestimmen nicht nur das Regieführen selbst, sondern sämtliche Praktiken, in denen sich ‹Leadership› ausprägt.

Den Gegenstand der Untersuchung bilden vier Dramentexte von John von Düffel (Die Unbekannte mit dem Fön), Peter Handke (Das Mündel will Vormund sein / Die Stunde da wir nichts voneinander wussten) und Franz Xaver Kroetz (Wunschkonzert). Allesamt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden, lässt sich an ihnen ein verändertes Verständnis von Führung und ‹Leadership› in aufgeklärten, liberalen Gesellschaften ablesen. Die in den verschiedenen Handlungsbereichen praktizierten Führungsmodalitäten verabschieden sich von tendenziell hierarchisch strukturierten Organisationsprinzipien. Allzu determinierende Planbarkeits- und Kontrollvorstellungen werden aufgegeben. Ein zeitgemässes Führungsverständnis rückt verstärkt die paradoxen Wirkkräfte im Spannungsfeld von ‹Vorschreiben› und ‹Offenlassen› in den Fokus.