INTERVIEWS ZUM BALLETTABEND «PASSAGEN » MIT MARJAN MOZETICH UND DAVID DAWSON

SH: Marian, Findest du es in Ordnung, dass dein Violinkonzert «Affairs of the Heart» für ein Ballett verwendet wird?

MM: Oh ja, damit habe ich absolut kein Problem. Ich habe das Ballett immer sehr geliebt, vor allem modernen Tanz. Als Student habe ich lange Zeit in Toronto gelebt und viele Tanzaufführungen gesehen. Und jetzt fühle ich mich privilegiert, dass sich Choreographen für meine Musik interessieren. «Affairs of the Heart»wurde bereits für mehrere Produktionen verwendet.

SH: Haben Dir die Ergebnisse gefallen?

MM: Weißt du was? Manchmal kann gute Musik helfen, schlechte Ballette zu tragen. Man kann aber auch das Gegenteil behaupten. Wenn die Musik schlecht ist, sollte man besser sehr gute Tänzer haben.

SH: David, In welcher Art von Raum spielen sich die choreographischen Sequenzen ab? Die Luft, die die Körper der Tänzerinnen und Tänzer umgibt und in der sich die Choreographie entfaltet, scheint mir ein wichtiges Element zu sein, mit dem Du ganz bewusst arbeitest.

DD: Wenn ich über die Arbeit im Ballettstudio nachdenke, sehe ich viele Spiralen und Wirbel. Auch wenn manche vielleicht unsichtbar sind, sind sie für mich da. Dieser Raum, den Du «Luft» nennst, ist etwas, das ich während des Schaffens immer zu berücksichtigen versuche. Für mich ist es immer der negative Raum, den wir auf der Bühne sehen, der die Grundlage für die gesamte Choreographie bildet, die dadurch überhaupt erst sichtbar wird.

SH: David, du hast den Aspekt der Leidenschaft während der Erarbeitung des Stücks angesprochen und Deine Überraschung darüber, dass die Choreographie virtuoser geworden ist. Wie integrierst Du das Unvorhersehbare in Deine künstlerische Arbeit?

DD: Das kann ich gar nicht so genau benennen. Ich beginne, ich schaue, ich höre zu, ich verändere und entwickle, was ich sehe, und so fangen die Dinge an zu ‹werden›. Das Weglassen oder Entfernen von Ideen ist übrigens genauso wichtig wie das Umsetzen von Ideen. Dies ist ein Prozess, der nie wirklich endet. Ich komme immer so gut wie möglich vorbereitet ins Studio, mit meinen Plänen im Hinterkopf, die sich dann im Verlauf Arbeit konkretisieren. Nach der Probe denke ich über viele Dinge nach und versuche, die Antwort auf einige der Fragen zu finden, die im Prozess aufgetaucht sind. Ich bin immer bestrebt, Lösungen für die Probleme zu finden, die mir begegnen. Das Kreative ist eine Energie, die ständig wirksam ist.

SH: Marian, David Dawson hat während des Probenprozesses viel über die verschiedenen Farben und Gefühlszustände gesprochen. Wie erlebst zu die Entwicklung eines neuen Projekts?

MM: Weißt du, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Manchmal fragen mich Musikerinnen und Musiker: „Aber was meinen Sie denn genau mit dieser Stelle?“, und darauf antworte ich jeweils: «Ich nehme an, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr spielt einfach, was ihr spielen müsst. Stellt euch vor, ich wäre tot.» Viele sind es gewohnt, die Musik von toten Komponisten zu spielen. Ein lebender Komponist macht sie nervös.

 

 

 

 

 

 

 

 

Auszüge aus den Interviews mit David Dawson (Choreograph) und Marjan Mozetich (Komponist) zum Ballett «Affairs of the Heart» im Programmheft zum Triple Bill «Passagen»

Premiere beim Bayerischen Staatsballett im Nationaltheater München am 26. März 2022

Fotos: © Bayerisches Staatsballett / Sigrid Reinichs

Text: © Bayerisches Staatsballett / Serge Honegger