In Bezug auf eine Theateraufführung sind Regiebemerkungen eines der wichtigsten Mittel, mit denen die Autorinnen und Autoren dramatischer Texte das nicht gesprochene Geschehen auf der Bühne vermitteln können. Im Gegensatz zu Figurenreden werden Regiebemerkungen auf der Bühne von den Schauspielerinnen und Schauspielern in den allermeisten Fällen nicht stimmlich umgesetzt. Wahrnehmbar werden sie in ihrer transformierten Form – vermittelt durch die Inszenierung – in der Bühnen-, Kostüm- und Lichtgestaltung sowie in technischen Vorgängen, Choreografien und sonstigen körperlichen Aktionen des Bühnenpersonals. 

Gerade dadurch, dass der literarisch-dramatische Text die exakte Art und Weise seiner Transformation ins Aufführungsmedium nicht determinieren kann, ist er immer wieder für neue Zugänge und Aktualisierungen offen. Nicht nur deswegen ist es problematisch, den Status von Regiebemerkungen auf eine ‹Anweisungshandlung› einzuschränken. Der Verpflichtungsgrad der Angaben in diesem Textraum ist unbestimmt.

Text von Serge Honegger: Auszug aus der Studie «Lenkung und Ablenkung», Schwabe-Verlag Basel, 2019, S. 11 und 19